Reflexive Forschung und Soziale Arbeit eint der Anspruch, den eigenen Blickwinkel zu benennen und grundlegend das eigene Handeln kritisch zu reflektieren. Diese Ausrichtung einer kritischen ‚Standortbezogenheit‘ macht den jeweils subjektiven und sozial-bedingten Standpunkt selbst zum Gegenstand, um sich den eigenen sozialen und kulturellen Bedingtheiten reflexiv zu stellen. Dieses selbstreferentielle und klar markierte Verorten bietet eine wichtige Grundlage zur Reflexion des eigenen Handelns – in Praxis und Forschung. Die Reflexion der hochkomplexen sozialen Situationen von sozialarbeiterischem Handeln gehört jedoch gleichzeitig zu den am schwierigsten zu organisierenden Lernprozessen.
Der praxisintegrierte duale Bachelor-Ausbildungsgang Soziale Arbeit an der Berufsakademie Wilhelmshaven basiert auf einer zeitlichen, inhaltlichen und studienorganisatorischen Verzahnung von wissenschaftlich-theoretischen und berufspraktischen Studienanteilen. Dabei stellen die Module zur Praxisreflexion, die die Studierenden in jedem Fachsemester verpflichtend besuchen, einen Ort dar, in welchem ein systematischer Theorie-Praxis-Transfer stattfindet mit dem Ziel der sukzessiven Entwicklung einer theoriegeleiten Reflexionskompetenz. Das Erschließen und Verstehen der umgebenden Welt erhält dabei zentrale Bedeutung für das professionelle Handeln, so dass dabei die individuell- idiosynkratischen (Selbst-) Reflexionen das Herzstück zur Verknüpfung von Theorie und Praxis bilden (sollten).
Seit dem Sommersemester 2020 werden die Lehrveranstaltungen der Berufsakademie pandemiebedingt überwiegend durch Nutzung eines digitalen Videokonferenzsystems abgehalten. Diese weitreichende Veränderung mündete in eine intensive Diskussion darüber, wie der Erwerb einer theoriegeleiteten Reflexionskompetenz im digitalen Raum gelingen kann und welche hochschuldidaktischen, auf die Gestaltung von Lehr- und Lernformaten im digitalen Raum ausgerichteten Ansätze und Konzepte Reflexionsprozesse ermöglichen können. Der diesbezügliche Austausch unterschiedlichen Akteur*innen im dualen Studium (Lehrende, Studierende, Anleiter*innen in den Praxisbetrieben) führte im Wintersemester 2021/2022 zur Erarbeitung des Triple-Teaching-Modells für die Module zur Praxisreflexion mit dem Dreischritt aus Impuls, Selbststudium und Diskussion.
In unserem Impulsvortrag wollen wir erste Erfahrungen mit dem Triple-Teaching-Modell und den damit verbundenen Räumen für selbstorganisierte und kooperative Reflexionsprozesse innerhalb der strukturierten Rahmenbedingungen eines dualen Studiums (selbst-) kritisch beleuchten und evaluieren.
Dr. Nicole Weydmann ist seit Oktober 2021 hauptamtlich Lehrende an der Berufsakademie Wilhelmshaven im Fachbereich Soziale Arbeit sowie affiliierte Wissenschaftlerin in der Forschung am Institut für Orient- und Asienwissenschaften, Lehrstuhl Südostasienwissenschaften der Universität Bonn. Ihr Studium der Diplom Sozialpädagogik hat sie an der Universität Bremen absolviert und im Anschluss im Fachbereich Psychologie an der Jacobs University promoviert. Neben ihren Tätigkeiten in Lehre und Forschung ist Nicole Weydmann als freiberufliche Lektorin, Beraterin und Supervisorin für empirische, qualitative Forschungsmethoden an verschiedenen Instituten und Universitäten tätig. Ein Schwerpunkt liegt hierbei im Bereich der Qualitativen Inhaltsanalyse, der (Reflexiven) Grounded Theory (Gegenstandbezogenen Theoriebildung) sowie der Ethnografie. In diesem Kontext bietet sie Seminare, Kolloquien und Forschungswerkstätten zur systematischen Methodenfortbildung an, sowie individuelle Beratung und Begleitung von Einzelforschungsprojekten.
Dr. Stefanie Kretschmer
Dr. Stefanie Kretschmer ist seit Oktober 2019 als Lehrende an der Berufsakademie Wilhelmshaven tätig, seit Oktober 2021 in der Funktion der Akademieleitung. Davor hat sie als Projektkoordination der Koordinierungsstelle der Begleitforschung des Qualitätspaktes Lehre (KoBF) am Arbeitsbereich Weiterbildung und Bildungsmanagement (we.b) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg gearbeitet. Von Dezember 2011 bis Juni 2015 hat sie ebenfalls am Arbeitsbereich Weiterbildung und Bildungsmanagement die Projektkoordination der wissenschaftlichen Begleitung zum Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ verantwortet. Zuvor war sie an der Universität Hohenheim in Stuttgart in der Zentralen Studienberatung tätig.
Kirsten Witte
Kirsten Witte, Dipl. Pädagogin (Studienrichtung Sozialpädagogik/Sozialarbeit), ist seit April 2020 Lehrende an der Berufsakademie Wilhelmshaven und daneben für die Aufgabenbereiche der Praxiskoordination und Qualitätsentwicklung verantwortlich. Zuvor war sie langjährig in unterschiedlichen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe, auch in leitender Position, und in der Organisationsentwicklung an einer Hochschule tätig. Darüber hinaus übernimmt sie Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen und Universitäten.